Winterblues: Wenn die dunkle Jahreszeit schwerer auf uns wirkt

Nicht immer ist unser Zyklus der Grund für gedrückte Stimmung. Manchmal liegt es auch am Winter. Die Tage werden kürzer, das Licht fehlt, wir ziehen uns zurück. Viele Frauen spüren jetzt weniger Energie und wie die Stimmung absinkt. Unser Körper reagiert sensibel auf Lichtmangel, Kälte und gestörte Routinen. Das ist normal. Doch wir können ihr auch etwas „Wärme" und Leichtigkeit entlocken. Aber warum spüren wir den Winter so deutlich? Was verändert sich in uns?

Zwischen Lichtmangel und Stimmungstief

Es ist nicht immer der Zyklus, der unsere Stimmung drückt. Manchmal ist es einfach der Winter. Die kalte Jahreszeit verändert viel. Die Tage werden kürzer und kälter, wir bekommen weniger Tageslicht, und ziehen uns daher automatisch zurück. Viele Frauen spüren jetzt, wie Energie und Stimmung sinken. Unser Körper reagiert sensibel auf Lichtmangel, Temperaturwechsel und Routinen, die aus dem Gleichgewicht geraten. Das ist nicht ungewöhnlich. Und wir müssen die Zeit auch nicht einfach „wie ein müder Igel überwintern“. Wir können ihr ein bisschen „Wärme" und Leichtigkeit entlocken. Doch warum spüren wir den Winter so deutlich. Was verändert sich innerlich?

Was der Winter in uns auslöst

Wenn draußen das Licht knapp wird, verändert sich im Körper mehr, als wir im Alltag merken. Morgenlicht wirkt wie ein natürlicher Wecker. In unseren Augen sitzen spezielle Zellen, die retinalen Ganglienzellen (RGCs), die Licht direkt an den suprachiasmatischen Nukleus (SCN) weiterleiten, also das Zentrum unserer inneren Uhr. Dort wird gesteuert, wann wir wach, aufmerksam oder müde sind [1].

Viele Menschen bemerken im Winter deshalb Veränderungen in ihrem Schlaf und Energielevel. Die kürzeren Tage und längeren Nächte und das oft spärliche Sonnenlicht (wenn die liebe Sonne sich überhaupt zeigt), können unseren zirkadianen Rhythmus aus dem Takt bringen. Dieser innere 24-Stunden-Takt steuert zentrale Prozesse wie Schlaf, Wachheit, Temperatur und Energie. Wenn das Licht fehlt, verliert der Körper einen seiner wichtigsten Zeitgeber, und genau dadurch kommt es zu Änderungen in Müdigkeit, Stimmung und Tagesenergie [3].

Helles Morgenlicht stoppt normalerweise die Melatoninproduktion, das Hormon, das unseren Schlaf-Wach-Rhythmus steuert. Im Winter sind diese Lichtsignale jedoch schwächer. Melatonin wird länger ausgeschüttet, wodurch der Körper länger im „Nachtmodus“ bleibt, selbst wenn wir schon wach sind [1].

Weniger Sonnenlicht bedeutet aber nicht nur mehr Melatonin. Es beeinflusst auch die Serotoninproduktion, einen wichtigen Neurotransmitter für Stimmung und Energie. Ein Lichtmangel kann die Serotoninaktivität senken und so winterliche Stimmungstiefs oder sogar eine „Winterdepression” (engl. seasonal affective disorder, kurz SAD) begünstigen [2].

Das heißt also, dass weniger Licht deinen zirkadianen Rhythmus aus dem Takt bringt, was wiederum zu einer höheren Produktion des „Schlafhormons” Melatonin und einer geringeren Ausschüttung des „Glückshormons” Serotonin führen kann.

Bevor wir also alle kollektiv in den Süden flüchten, sollten wir vielleicht noch andere Möglichkeiten in Betracht ziehen. Es gibt ein paar einfache Dinge, die unser Körper jetzt wirklich schätzt und die überraschend viel bewirken können. Einer der wichtigsten Bausteine dabei? Vitamin D.

Vitamin D: The only “D” your winter really needs

Vitamin D unterstützt Immunsystem, Muskeln, Nerven und trägt zur hormonellen und stressbezogenen Regulation im Körper bei. Doch gerade in Ländern mit wenig Sonnenstunden sinkt der Spiegel im Winter deutlich und das ist biologisch gut erklärbar.

In bestimmten Regionen ist die UVB-Strahlung vor allem in Herbst und Winter nicht stark genug, um über die Haut :ausreichend Vitamin D zu bilden. Kälte reduziert zusätzlich die Sonnenexposition. Studien zeigen, dass je weiter wir vom Äquator entfernt leben, desto höher das Risiko für Vitamin-D-Mangel [4].

Da die nötige Gesamtmenge an Vitamin D im Winter über Lebensmittel nur begrenzt erreicht werden kann, wird wird eine tägliche Vitamin D-Zufuhr von 600 IE für Menschen zwischen 1 und 70 Jahren und von 800 IE ab 70 Jahren empfohlen [16].

Studien deuten darauf hin, dass Vitamin-D-Supplementation über die Wintermonate  den typischen saisonalen Abfall verhindern und den Vitamin-D-Spiegel bis in den Frühling hinein stabilisieren kann. Zudem wird sie mit einer besseren Stressregulation assoziiert [5, 6].

Überlebenstaktiken für die dunkle Jahreszeit

Vitamin D ist also ein wichtiger Baustein für die Wintermonate. Aber abgesehen davon gibt es noch ein paar ganz einfache Dinge, auf die du im Alltag achten kannst, damit du den Winter halbwegs heil überstehst und vielleicht sogar ein kleines bisschen lieber hast.

Hier kommen vier Winterhelfer, die dein Wohlbefinden stärken.

1. Tageslicht tanken, selbst wenn der Himmel grau ist

Schon ein 15-20-minütiger Morgenspaziergang kann helfen, den zirkadianen Rhythmus zu stabilisieren und Schlaf sowie Stimmung zu verbessern. Selbst bei Wolken ist das Licht draußen um ein Vielfaches stärker als drinnen [7][8].

2. Sanfte Bewegung

Leichte, regelmäßige Bewegung wie Spaziergänge, Yoga oder Stretching kann nachweislich Schlaf und Stimmung verbessern. Bereits 30 Minuten täglich zeigen Effekte [9].

3. Feste Routinen für eine stabile innere Uhr

Unser zirkadianer Rhythmus liebt Vorhersehbarkeit. Regelmäßige Schlaf- und Essenszeiten, kleine Rituale und wiederkehrende Pausen wirken stabilisierend auf Energie, Stimmung und Schlaf [10, 12]. Klingt simpel. Ist es auch.

4. Ernährung, die dich durch die Wintermonate trägt

Der Winter beeinflusst auch Appetit und Energie [10, 12]. Umso wichtiger ist es einen besonderen Blick auf die Ernährung zu werfen:

- Omega-3-Fettsäuren unterstützen Stimmung und wirken entzündungsmodulierend [11]. Ideal sind 2–3 Portionen fettreicher Fisch pro Woche. Einige enthalten auch kleine Mengen an Vitamin D wie z.B. Lachs oder Thunfisch [15].

- Der Winter geht oft mit Kohlenhydratgelüsten einher. Das ist ein bekanntes Serotonin-Phänomen. Weniger Serotonin führt dazu, dass der Körper Lebensmittel sucht, die den Serotoninspiegel schnell anheben. Kohlenhydrate können genau das. Sie geben kurzfristig Energie und einen kleinen Stimmungsboost [13]. Achte aber dabei auf vollwertige Kohlenhydrate. Hier und da ein bisschen dunkle Schokolade ist natürlich auch okay.

- Eine nährstoffreiche Ernährung stärkt das Immunsystem und wirkt sich positiv auf Energie und Wohlbefinden aus [14]. Versuche also viele natürliche und vitaminreiche Lebensmittel in eine Ernährung einzubauen.

Frauen spüren den Winter oft stärker

Winter und Zyklus beeinflussen sich gegenseitig. Eine aktuelle qualitative Studie von Bayraktar et al. (2025) zeigt, dass viele Frauen saisonale Veränderungen verstärkt über ihren Menstruationszyklus wahrnehmen. Stimmungen können sich im Winter intensiver anfühlen, PMS-ähnliche Symptome deutlicher werden und Energieeinbrüche stärker spürbar sein. Lichtmangel, Schlafrhythmus und hormonelle Schwankungen wirken hier zusammen und machen die kalte Jahreszeit für viele Frauen körperlich wie emotional fordernder [17].

Der Winter verlangt unserem Körper einiges ab und dem weiblichen oft noch ein bisschen mehr. Kein Wunder, wenn Stimmung, Schlaf oder Energie plötzlich ihre eigene Agenda haben und der Körper nur noch zusammengerollt unter Decke im Bett liegen möchte.

Doch am Ende sind es die alltäglichen, kleinen Dinge, die den größten Unterschied machen und keine Wundermittel. Einfache Impulse können deinen Körper in dieser Jahreszeit sinnvoll unterstützen: ein paar Minuten draußen, etwas Bewegung, regelmäßige Mahlzeiten. Und ein bisschen Ehrlichkeit damit, was dir gerade guttut. Der Winter muss nicht perfekt laufen. Es reicht, wenn du gut durchkommst. In deinem Tempo. Also achte gut auf dich.

Quellen

1. P. (o. D.). The Science Behind the Winter Blues | Pfizer. https://www.pfizer.com/news/articles/the_science_behind_the_winter_blues

2. Seasonal affective disorder (SAD) - Symptoms & causes - Mayo Clinic. (2021, 14. Dezember). Mayo Clinic. https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/seasonal-affective-disorder/symptoms-causes/syc-20364651

3. Zisapel N. New perspectives on the role of melatonin in human sleep, circadian rhythms and their regulation. Br J Pharmacol. 2018 Aug;175(16):3190-3199. doi: 10.1111/bph.14116. Epub 2018 Jan 15. PMID: 29318587; PMCID: PMC6057895.

4. M. Ghareghani, K. Zibara, & S. Rivest, Melatonin and vitamin D, two sides of the same coin, better to land on its edge to improve multiple sclerosis, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 120 (14) e2219334120, https://doi.org/10.1073/pnas.2219334120 (2023).

5. Hansen AL, Ambroziak G, Thornton D, Mundt JC, Kahn RE, Dahl L, Waage L, Kattenbraker D, Araujo P, Murison R, Rypdal K, Grung B. Vitamin D Supplementation during Winter: Effects on Stress Resilience in a Randomized Control Trial. Nutrients. 2020 Oct 24;12(11):3258. doi: 10.3390/nu12113258. PMID: 33114392; PMCID: PMC7692327.

6. Marriott, B. M. & Carlson, S. J. (1996). Effects of Cold and Altitude on Vitamin and Mineral Requirements. Nutritional Needs in Cold And in High-Altitude Environments - NCBI Bookshelf. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK232871/

7. Burns, A. C., Saxena, R., Vetter, C., Phillips, A. J. K., Lane, J. M., & Cain, S. W. (2021). Time spent in outdoor light is associated with mood, sleep, and circadian rhythm-related outcomes: A cross-sectional and longitudinal study in over 400,000 UK Biobank participants. Journal of affective disorders, 295, 347–352. https://doi.org/10.1016/j.jad.2021.08.056

8. Blume, C., Garbazza, C., & Spitschan, M. (2019). Effects of light on human circadian rhythms, sleep and mood. Somnologie : Schlafforschung und Schlafmedizin = Somnology : sleep research and sleep medicine, 23(3), 147–156. https://doi.org/10.1007/s11818-019-00215-x

9. Hartescu I, Morgan K, Stevinson CD. Increased physical activity improves sleep and mood outcomes in inactive people with insomnia: a randomized controlled trial. J Sleep Res. 2015 Oct;24(5):526-34. doi: 10.1111/jsr.12297. Epub 2015 Apr 21. PMID: 25903450.

10. Ehlers CL, Frank E, Kupfer DJ. Social zeitgebers and biological rhythms. A unified approach to understanding the etiology of depression. Arch Gen Psychiatry. 1988 Oct;45(10):948-52. doi: 10.1001/archpsyc.1988.01800340076012. PMID: 3048226.

11. Grosso G, Galvano F, Marventano S, Malaguarnera M, Bucolo C, Drago F, Caraci F. Omega-3 fatty acids and depression: scientific evidence and biological mechanisms. Oxid Med Cell Longev. 2014;2014:313570. doi: 10.1155/2014/313570. Epub 2014 Mar 18. PMID: 24757497; PMCID: PMC3976923.

12. Chang, C. E., Chen, H. C., Chen, I. M., Hsu, C. D., Liu, C. M., Chen, C. H., Wang, T. Y., Chen, W. Y., Huang, S. S., Chen, Y. C., & Kuo, P. H. (2025). Evaluation of seasonal variations for the seasonal pattern assessment in mood disorder patients and healthy controls. BMC psychiatry, 25(1), 458. https://doi.org/10.1186/s12888-025-06916-y

13. Davis, A. (2021b, November 4). Why does seasonal affective disorder (SAD) make us crave carbs? https://patient.info/features/mental-health/why-does-seasonal-affective-disorder-sad-make-us-crave-carbs

14. Calder PC. Nutrition and immunity: lessons for COVID-19. Eur J Clin Nutr. 2021 Sep;75(9):1309-1318. doi: 10.1038/s41430-021-00949-8. Epub 2021 Jun 23. PMID: 34163017; PMCID: PMC8220366.

15. Willett, W., Sesso, H., Rimm, E., Harvard Medical School, Harvard School of Public Health, Brigham and Women’s Hospital, The Joseph B. Martin Conference Center, The George Washington University, The Culinary Institute of America, Institute of Medicine, American Society for Nutrition, General Mills Institute of Health and Nutrition, National Academy of Sciences & Harvard Health Publications. (2013b). Food and Vitamins and Supplements! Oh My! Demystifying nutrition: the value of food, vitamins and supplements. In Longwood Seminars. https://hms.harvard.edu/sites/default/files/assets/Sites/Longwood_Seminars/Nutrition_3_5_13.pdf

16. Mayo Clinic. (2025). Vitamin D. https://www.mayoclinic.org/drugs-supplements-vitamin-d/art-20363792

17. Yıldırım Bayraktar, B. N., & İlçioğlu, K. (2025). Seasonality and the menstrual cycle: a qualitative study. Biological Rhythm Research, 1–20. https://doi.org/10.1080/09291016.2025.2523979